Rotorblätter an modernen Windenergieanlagen erreichen Längen von 85 Metern und mehr. Gleichzeitig gehören sie zu den Komponenten einer Windenergieanlage, an die besondere Anforderungen gestellt werden: Möglichst leicht müssen sie sein, gleichzeitig aber auch steif und fest, damit sie den Belastungen im Feld standhalten können. Sie müssen mehr als 100 Millionen Lastzyklen aushalten - dies führt zu einer starken Ermüdung des Leichtbaumaterials.
Anders als Flugzeugtragflächen, die ebenfalls als möglichst leicht gebaute Bauteile starke Belastungen aushalten müssen, bestehen WEA-Rotorblätter nicht aus kohlefaserverstärkten (CFK), sondern meist aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK), die aufgrund ihres geringeren Preises der Kostenstruktur in der Windenergie deutlich besser entsprechen. Die Materialkosten machen mit 60 Prozent bereits jetzt den größten Anteil an den Produktionskosten aus – der Ersatz durch teure CFK-Materialien ist nicht einfach möglich.
Im Rahmen des Projektes LENAH werden zwei Ansätze untersucht:
- Neue nanopartikel-modifizierter Kunststoffe werden entwickelt, um die Robustheit von Rotorblättern weiter zu verbessern. Die Kunststoffharze werden mit Nanopartikeln, etwa metalloxidischen Partikeln, verstärkt. Sie bilden mit den Kunststoffmolekülen sog. „Grenzflächen“, die über Eigenschaften verfügen, die weder die Partikel noch die Kunststoffmoleküle zuvor besaßen - ein neues, besonders belastbares Material entsteht. Damit steigt die Ermüdungsfestigkeit der Rotorblätter. Der zweite Bereich, in dem Nanopartikel die Materialeigenschaften verbessern können, ist der Klebstoff, mit dem die Rotorblatthalbschalen verklebt werden. Seine Kohäsionsfähigkeit wird deutlich verbessert, so dass er unter Belastungen nicht aufreißt.
- Hybridlaminate werden auf ihre Eignung für Rotorblätter untersucht. Sie bestehen aus zahlreichen, sehr dünnen, miteinander verbundenen Schichten, die so angeordnet sind, dass die Fasern in unterschiedliche Richtungen verlaufen. Im Projekt wird untersucht, wie sich diese Hybridlaminate gezielt an besonders beanspruchten Stellen einzubringen lassen und die Performance verbessern können. Z.B. im Bereich der Gurte könnten Kohlenstofffasern zum Einsatz kommen; Metalle könnten helfen, die Lochleibungsfestigkeit an Stellen zu erhöhen, wo Bolzen erforderlich sind, etwa um die Rotorblätter an der Nabe zu befestigen.
Das Projekt umfasst die numerische Simulation mit Multiskalen-Methoden, die Entwicklung der Werkstoffe bis hin zum Bau und Test der Komponenten, z.B. an Testständen des Fraunhofer IWES in Bremerhaven.